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Windows abspecken mit NTLite

Juni 2015 © Thomas Gade

Betriebssysteme Microsofts enthalten eine ganze Menge Komponenten und Treiber, die auf einem konkreten System gar nicht gebraucht werden. Nach dem Installieren von Windows 7 nimmt alleine der Programmordner bereits knapp 20 GB in der Systempartition ein. Nach dem Anschluss an das Internet, hat der Computer nichts besseres zu tun, als zusätzliche Updates herunterzuladen. Wenn man sich überlegt, wie viele Codezeilen nötig sind, um 20 GB zu belegen, kann man so ein Betriebssystem als monströses Produkt betrachten. Geht man von den Basisfunktionen aus, die für viele Nutzer wie sind, wie Office-Anwendungen, Fotos betrachten, Internet, PDF-Dateien lesen und Ähnliches, so war dies bereits mit Betriebssystem möglich, die nur einen Bruchteil des heute üblichen Speicherverbrauchs beanspruchten.

Hohe Speicherkapazitäten werden längst zu Dumping-Preisen verkauft, Daher macht es wenig aus, ob ein Betriebssystem 2 GB oder 20 GB für sich belegt. Dies sollte man bedenken, wenn man sich die Frage stellt, ob es sich lohnt Windows abzuspecken.

Aber es sind nicht nur inaktive Codezeilen, die den Platz beanspruchen. Es gibt auch aktive, jedoch aus Sicht des Anwenders nutzlose Komponenten, die Kapazitäten des Computers beanspruchen und ihn sogar unsicher machen.

Schon mit Windows 98 befasste sich die Computerszene mit Tools und Tipps zum Deinstallierens von überflüssigen Funktionen. Die Computerszene fahndete nach sogenannten Einfallstoren, also Programmen oder Programmbestandteilen, die es ermöglichten, schädlichen Code anzudocken.

Im Jahre 2001 erschien Windows XP. Dieses Betriebssystem war extrem erfolgreich. Aber auch dieses Programm war bereits überfrachtet mit vielen Dingen, auf die an den meisten Arbeitsplätzen verzichtet werden konnte.

Der Australier Shane Brooks veröffentlichte die Tools 98lite und XPlite (2000lite) auf seiner Website litepc.com. Damit konnte man sehr viele Bestandteile von bestehenden Installationen deinstallieren. Selbst weniger erfahrene Heimanwender konnten mit 98lite mehr als 50% der typischen Installation beseitigen.

Während XPLite darauf ausgelegt war, aus einem bereits installierten System im Nachhinein diverse Komponenten zu entfernen, die sich mit den Setup-Optionen von Microsoft üblicherweise nicht beseitigen lassen, waren nLite und vLite, zum Erstellen von bootfähigen ISO-Dateien gedacht. Mit ihnen konnte man nicht nur die eigentliche Windows Installation beeinflussen, sondern Hotfixes und bestimmte Treiber integrieren.

Ist die Nutzung solcher Tools sinnvoll?

Aus heutiger Sicht, mit heutiger Technik, ist der Aufwand zum Sparen von Speicherplatz nicht so interessant, denn selbst beim Einsatz älterer Computer lohnt sich der Austausch der Festplatte gegen eine modernere und schnellere mit höherer Kapazität, die für wenig Geld zu haben ist. Allerdings kann man ältere Notebooks durch den Austausch ihrer herkömmlichen Festplatte gegen eine SSD erheblich beschleunigen. Für rund 50 € gibt es welche mit rund 126 GB Kapazität. Dies reicht aus um das Notebook für Büroanwendungen, für ein Fotoarchiv und zum Surfen zu benutzen. Jedoch sind 126 GB nicht so viel, dass man entspannt zusieht, wie ein aktuelles Betriebssystem mit Programmen und Auslagerungsdatei mehr als ein Drittel davon belegt.

Computer laufen mit abgespeckten Betriebssystemen besser, wie die Analyse der Prozessorauslastung und Arbeitsspeichernutzung zeigt. Nach Empfehlungen des Chaos Computer Clubs werden ‘sichere’ Einstellungen getroffen. Die Maßnahmen sorgen für schlanke, relativ sichere und flotte Betriebssysteme. Inwieweit dies zutrifft hängt natürlich stark vom jeweiligen Anwendungsprofil ab.

Inzwischen behaupten die Medien, dass die Zeit von Windows XP aus sicherheitsrelevanten Gründen abgelaufen sei, obwohl schätzungsweise rund 25 % der weltweit verwendeten Computer noch immer damit laufen. Windows 7 und 8.1 sowie in Kürze 10 sind XPs Nachfolger, wenn man Vista außer Acht lässt.

Für Windows 7 und seine Nachfolger entwickelte Shane Brooks keine Tools mehr, um sie abzuspecken. Jedoch gibt es für Windows 7, 8x und 10 NTLite zum Erstellen von angepassten Installationspaketen, aber auch zum Modifizieren von bereits bestehenden Installationen.

NTLite für Windows 7 und 8.x und 10

Es gibt vier Versionen: Free, Home (45 $), Professional (99 $) und Business (249 $). Mit der Free Version können bereits diverse Basiskomponenten beseitigt werden und mehr. Wir testeten NTLite beta Home 1.00.2753 für 64 Bit mit Windows 7 Pro.

Das Abpeckprogramm NTLite bietet zwei Möglichkeiten der Verminderung des Speicherbedarfs der Installation. Einerseits kann man ein bereits installiertes System durch NTLite vom Ballast befreien oder eine ISO zur Neuinstallation erstellen.




1345,68 MB gelöscht

In einer langen Liste mit Komponenten, Funktionen, Treibern und Updates kann man diverse Punkte deaktivieren und einen Reinigungsvorgang starten. Anschließend zeigt NTLite an, dass rund 1,35 GB aus insgesamt 8177 Dateien gelöscht wurden. Einerseits ist das beachtlich, aber bezogen auf die Größe der gesamten Windows Installation von knapp 20 GB nicht gerade der Renner. Das Betriebssystem enthält als Bibliothek viele Treiber von Geräten, die gar nicht in der Hardware vorhanden sind. Wünschenswert wäre eine automatische Markierung aller nicht benötigten Treiber. Desgleichen wäre es nett, wenn man den Internet Explorer komplett beseitigen könnte, um mit einer Alternative zu surfen, was auf vielen Computern ohnehin geschieht.




In vielen Fällen ist man als Anwender mit der Entscheidung, ob man dies oder jenes benötigt, überfordert. Was bedeutet beispielsweise Media Foundation? Oder braucht man den ‘Windows TIFF IFilter (OCR)’? Oder wie entscheidet man, ob ‘Modems’ deaktiviert werden können? Vielleicht arbeitet die FRITZ!Box damit und welcher aus der langen Liste wird benötigt?

Bei ‘Languages’ kann man viele beseitigen, wenn man auf die chinesische Sprache in einer Office Installation verzichten kann oder auf ein koreanisches Tastaturlayout.

Eine Funktion dieser Art wünscht man sich beim Installieren von Adobe Produkten, die irrsinnig viele Sprachpakete installieren, die man einfach nicht benötigt.

Nachdem unser Computer nach erfolgter Löschung der oben genannten Datenmenge anstandslos neu startete und in den Tagen danach ohne Probleme funktionierte, deaktivierten wir einige weitere Punkte aus der Liste und konnten weitere 800 MB löschen. Insgesamt kamen wir so auf eine Reduzierung der Datenmenge im Windowsverzeichnis um rund 15 %. Der Computer arbeitete anschließend anstandslos wie vorher.

Das Programm ist nützlich, kann aber deutlich verbessert werden durch die stärkere automatische Erkennung von benötigten und nicht benötigten Komponenten in der jeweiligen Umgebung.

 

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