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Fernglas - Feldstecher

2010 / 2016 © Thomas Gade

Ferngläser sind Sehhilfen, um Entferntes visuell nahe heran zu holen. Was weit weg ist, sieht man im Fernglas näher und größer. Es gibt verschiedene Typen in einer Preisspanne zwischen 15-5000 €. Sie unterscheiden sich in der Bauqualität, hinsichtlich ihrer optischen Leistung, ihres Lichtsammelvermögens, ihres Gewichts und Größe. Um dies nachvollziehen zu können, erklären wir einige Begriffe, qualitative Unterschiede und die wichtigsten Vorteile und Nachteile der Merkmale.

Ferngläser haben üblicherweise Vergrößerungen zwischen 7-10x. Stärkere Vergrößerungen lassen sich aus der freien Hand kaum nutzen, weil man das Fernglas nicht ruhig genug auf einen Punkt richten kann.

Vom Piratenfernrohr zum modernen Fernglas

Moderne Ferngläser haben nur noch wenig gemein mit ihren Vorfahren, den langen, teleskopartig ausziehbaren Piraten-Fernrohre, durch die nur ein Auge (monokular) blicken konnte,  während moderne Ferngläser kompakt gebaut sind und beidäugiges Sehen (binokular) ermöglichen. Dazu werden zwei Fernrohre mit jeweils einem Objektiv und einem Okular so nebeneinander montiert, dass der Abstand zwischen den beiden Okularen dem Abstand zwischen zwei Augen entspricht, damit man gleichzeitig durch beide Fernglashälften hindurch schauen kann.



Technische Herausforderung - Sehen mit beiden Augen

Da der Augenabstand von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausfallen kann, kann man ihn beim Fernglas durch eine knickbare Konstruktion verstellen.
Üblicherweise gibt es einen Drehring zum gleichseitigen Scharfstellen beider Fernrohre und mindestens an einem Okular einen Dioptrienausgleich, um mit beiden Augen gleichzeitig ein scharfes Bild sehen zu können.


Für ein deckungsgleiches Bild mit beiden Augen muss das Fernglas optimal justiert sein. Im geringen Rahmen können Augen Dejustierungen durch Schielen und einer exzellenten Bildinterpretation durch das Gehirn kompensieren, doch führt dies rasch zur Überanstrengung bis hin zu Kopfschmerzen.
Die Konstruktion zur Einstellung des Augenabstands und des Dioptrienausgleichs sowie die Justage des Fernglases kann qualitativ sehr unterschiedlich ausfallen. Bei billigen Ferngläsern darf man keine hohen Erwartungen haben. Erst ab rund 150 € sind Ferngläser erhältlich, die hier ein befriedigendes qualitatives Niveau erreichen.


Klein und handlich. Blick in die Ferne mit dem Fernglas

Was bedeutet 8 × 25 ?

Die erste Zahl gibt die Vergrößerung an und die zweite Zahl den Durchmesser des Objektivs in Millimeter. Die Angabe 8 x 25 besagt, dass das Fernglas 8 fach vergrößert und der Durchmesser des Objektivs 25 mm beträgt.

10 x 50. Angabe auf einem Fernglas mit 10fach Vergrößerung und 50mm Öffnung
Field 5° gibt den Sehwinkel an

Welche Vergrößerungen sind sinnvoll?

Beim Fernglas sind Vergrößerungen zwischen 7-10 fach üblich. Bei stärkerer Vergrößerung kann man das Fernglas nicht mehr ruhig genug halten; das Bild zittert. In der Praxis ist 8x ein idealer Kompromiss aus Leistung und Handhabbarkeit. Bei 10x ist es bereits ratsam, das Fernglas abzustützen oder sogar ein Stativ zu verwenden.


Es gibt einige spezielle Ferngläser mit integrierter Technik zur Bildstabilisierung. Damit kann man freihändig auch eine 16fache Vergrößerung nutzen. Die Gültigkeit solcher Werte ist aber abhängig von der körperlichen Verfassung des Benutzers.
Eine zehnfache Vergrößerung bedeutet, dass ein 100 Meter entfernter Gegenstand im Fernglas so aussieht, wie man ihn aus 10 Meter Abstand mit bloßem Auge sehen würde.


Der Objektivdurchmesser bewegt sich zwischen 20-60 mm. Je größer das Objektiv ist, desto mehr Licht kann es sammeln. Große Objektiv sind in der Dämmerung oder für astronomische Beobachtungen vorteilhaft, jedoch sind die entsprechenden Ferngläser relativ groß und schwer. Wer tagsüber bei sonnigem Wetter mit leichtem Gepäck einen Ausflug macht, wird deswegen ein kompaktes Fernglas vorziehen, dessen Leistung unter diesen Umständen völlig ausreicht.

Austrittspupille

Unser Auge hat eine Iris, die der Blende im Fotooobjektiv entspricht. Die Öffnung in der Iris heißt Pupille. Ihr Durchmesser wird der Helligkeit angepaßt. Ist es dunkel, öffnet sie sich weit und hat eine Öffnung von ca. 6-7 mm. Bei gleißenden Sonnenlicht verengt sie sich auf 2 mm.
Dieser Aspekt ist wichtig, weil aus dem Okular eines Fernglases ein Lichtbündel austritt, das durch die Augenlinse ein Bild auf der Netzhaut entwirft. Der Durchmesser dieses Lichtbündel heißt Austrittspupille. Ist der Durchmesser des Lichtbündels größer als 7 mm, kann es vom auge nicht voll genutzt werden, weil sich die Iris gar nicht so weit öffnet.

Die Austrittspupille errechnet sich:  

Durchmesser des Objektivs :  Vergrößerung = Austrittspupille

Beim 10 x 50 Fernglas beträgt die Austrittspupille somit:  50 : 10 = 5 mm


Bei trüben Wetter, in der Dämmerung und Nachts ist die Pupille weit geöffnet. Somit kann das Lichtbündel des Fernglases vom Auge voll genutzt werden, aber an einem sonnigen Tag hat sich das Auge dem grellen Licht angepasst und die Pupille verengt, beispielsweise auf 2 mm Durchmesser. Unter solchen Bedingungen liefert ein 10 x 50 mm Fernglas ein größeres Lichtbündel, als das Auge insgesamt aufnehmen kann. Deswegen ist ein 10 x 20 Fernglas mit einer Austrittspupille von 2 mm bei guten Lichtverhältnissen dem lichtstärkeren Fernglas nicht unterlegen.


Aktuell sind 8 x 32 Ferngläser im Trend. Sie haben eine Austrittspupille von 4 mm, dem Durchschnittswert unserer Pupillenöffnung, und eignen sich sowohl für die Beobachtung bei Tage als auch mit wenig Licht. Solche Ferngläser sind als Allrounder beliebt, weil man sie noch kompakt und leicht bauen kann.

Technische Daten und optimaler Verwendungszweck

Fernglas Ø Objektiv Vergrößerung Austrittspupille Vor allem geeignet ...
        Sonnig Tag Dämmerung Nacht
10x22 22 mm 10x 2,1 mm x      
8x25 25 mm 8x 3,1 mm x x    
8x32 32 mm 8x 4 mm x x x  
10x42 42 mm 10x 4,2 mm x x x  
10x50 50 mm 10x 5 mm   x x  
8x42 42 mm 8x 5,25 mm   x x  
7x50 50 mm 7x 7 mm     x x

Sehwinkel / Sehfeld

Bei vielen Ferngläsern wird ein Sehwinkel (Gesichtsfeld) in Grad angegeben. Daraus kann man ein Sehfeld errechnen. Damit gemeint ist die Breite des betrachteten Raumes in 1000 Meter Entfernung, bzw. die Länge des Ausschnitts aus dem Kreisrand, der insgesamt mit dem Fernglas gesehen wird.
1000 m Abstand entspricht einem Radius von 1000 Meter, bzw. einem Kreisdurchmesser von 2000 Meter. Der Kreisumfang beträgt dann 6283,2 Meter. Ein Kreis unterteilt sich in 360°. Ein Grad entspricht somit ca. 17,45 Meter.


Steht auf dem Fernglas die Angabe 5°, ist das Sehfeld in 1000 Meter Entfernung etwa 87,25 Meter breit.

Sinnlose Angaben? Lichtstärke und Dämmerungszahl

Die Lichtstärke eines Fernglases ergibt sich aus der Größe des Objektivdurchmessers und der Vergrößerung. Der Wert wird wie folgt errechnet: Objektivdurchmesser geteilt durch Vergrößerung. Das Ergebnis wird mit sich selbst multipliziert. Beispiel 10 x 50 Fernglas.

Schritt A)  50 : 10 = 5 

Schritt B) 5 x 5 = 25

Wer die oben genannten Erklärungen über die Größe der Austrittspupille und dem Pupillendurchmesser nachvollziehen kann, fragt sich, wozu dieser Lichtstärkeangabe dient. Wir können diese Frage nicht beantworten.


Ebenso sinnlos erscheint uns die Dämmerungszahl. Sie errechnet sich wie folgt: 

 = Dämmerungszahl


Beispiel: 10 x 50 Fernglas   = 22,36

Beispiel: 16 x 32 Fernglas   = 22,63



Beide Ferngläser haben ungefähr die gleiche Dämmerungszahl, doch sagt sie nicht aus, welches Fernglas in der Dämmerung am besten ist. Das 10 × 50 Fernglas mit großem Objektiv und 5 mm Austrittspupille ist viel lichtstärker als das 16 x 32 Fernglas mit kleinerem Objektiv, stärkerer Vergrößerung und 2 mm Austrittspupille.
In der Praxis ist die Dämmerungszahl nur bei exakt der gleichen Vergrößerung bedeutsam und in der Literatur findet man oft falsche Interpretationen, wie die Aussage, dass mit höherer Dämmerungszahl das Bild umso brillanter und heller erscheint.

Kleines Fernglas

Für viele Menschen sind kompakte Ferngläser mit 8-10fach Vergrößerung und Objektiven mit 20 - 25 mm Durchmesser ideal. Sie wiegen wenig, sind klein und lassen sich beim Wandern mitnehmen ohne zu stören. Ferngläser mit größeren Objektiven sammeln mehr Licht und bieten Vorteile wenn es dunkler wird.



Links: Leica Trinovid 8x20 für 350,- € / Rechts: Revue 10x25 zu 10,- €
Nicht nur Experten bemerken beim Durchblick die hohe Qualität des Leica Trinovids, während das andere 10 x 25 Fernglas leistungsmäßig und konstruktiv deutlich zurückbleibt.
Das Leica ist ein Spitzenfernglas mit hervorragender optischer und bautechnischer Qualität. Das Revue wird in gleicher Form unter unzähligen anderen Markennamen verkauft und ist, wenn es technisch in Ordnung ist, durchaus brauchbar. Häufig sind billige Ferngläser dieses schon nach kurzem Gebrauch dejustiert und der Beobachter muss sich die beiden Bilder deckungsgleich zusammenschielen. Das verursacht Kopfschmerzen und ist nicht wirklich befriedigend.
Gute Ferngläser in dieser Größe gibt es für rund 100 €, aber auch ein günstiges Exemplar von Tchibo für unter 20 € ist für Freizeitbeobachter in Ordnung. Mehr muss man nicht ausgeben, auch wenn sich die viel teureren Miniferngläser (um 300 €) von Leica, Zeiss und anderen Nobelmarken mechanisch und optisch auf einen deutlich höheren Niveau befinden.




Mittelgroßes Fernglas - Feldstecher

Neben den kleinen Ferngläsern für die Tasche gibt es größere, die durch ihre Objektive mit Durchmessern zwischen 30 - 60 mm erheblich mehr Licht sammeln können. Man nennt sie auch Feldstecher. Solche Ferngläser sind gut geeignet, um bei schlechten Lichtbedingungen wie in der Dämmerung auf der Jagd nach Wild zu suchen oder an der Küste Ausschau zu halten. Auch kann man mit ihnen gut den nächtlichen Himmel mustern. Das 50 mm Fernglas ermöglicht bereits interessante astronomische Beobachtungen.


Apropos 50 mm. Früher war dies der Standard für ein ausgewachsenes Fernglas, doch heute sieht man eher die Angabe 42 mm. Moderne Ferngläser haben durch bessere Vergütungen weniger Streulichtverluste durch Reflexionen an den Oberflächen der Objektive. Die Transmission ist höher als bei früheren Ferngläser. Blickt man durch ein modernes 42 mm Fernglas und vergleicht das Bild mit einem 40 Jahre alten 50 mm Fernglas, gewinnt die jüngere Variante - vorausgesetzt, man bewegt sich in einer ähnlichen qualitativen Klasse.


Viele moderne gute Ferngläser sind wasserdicht und vertragen einen Sturz in einen Gebirgsbach. Beim klassischen Fernglas wird im Bereich der Scharfstellung an den Okularen Wasser ins Innere gelangt.

Großes Fernglas

Ferngläser mit Objektiven bis 60 mm gelten als transportabel, wenngleich die größeren Exemplare schon recht schwer und unhandlich sind.
Es geht aber auch viel größer, aber dann spricht man eigentlich nicht mehr vom Fernglas oder Feldstecher, sondern vom Doppelfernrohr. Sie gehören auf Stative, denn freihändig oder improvisiert irgendwo aufgestützt, sind sie nicht einzusetzen.


In der Astronomie sind Ferngläser mit Öffnungen zwischen 75-125 mm beliebt, weil durch ihre Lichtstärke Himmelsobjekte sichtbar werden, die sonst zu lichtschwach wären. Man findet solche Geräte auch an Aussichtspunkten.
Die Sinnhaftigkeit sehr großer Ferngläser ist fraglich. Der doppelte Strahlengang zwei Objektive und zwei Okulare nebst Umkehrprismen ist in kleineren Instrumenten optisch-mechanisch gut zu kontrollieren, doch bei großen Geräten, die stärker vergrößern als die in der Hand gehaltenen kleineren Ferngläser, ist Justierung heikel und auch ihre Beibehaltung beim praktischen Gebrauch. Als Anwender kann man im Falle einer Dejustierung nur selten eine eigene Lösung zustande bekommen. In der Praxis erweisen sich viele große Ferngläser als empfindlich bei Stößen, auf Dauer unvermeidlich sind, und selbst durch starke Temperaturschwankungen.


Alternativ verwendet man einen Refraktor, also ein Linsenteleskop mit nur einem Objektiv und schließt am okularseitigen Ende ein Binokular an, das den Lichtstrahl auf zwei Okulare verteilt, sodass man mit beiden Augen sehen kann. Dieses Prinzip wird auch bei Mikroskop angewandt.


Für geringere Vergrößerungen gibt es Stereomikroskope mit zwei Strahlengängen die beim Feldstecher. Hohe Vergrößerungen werden mit nur einem Objektiv erreicht und mithilfe eines Binokulars für beide Augen sichtbar gemacht.



Dieses Fernglas hat zwei Objektive mit 88 mm Durchmesser und wechselbare Okulare. Es wiegt 6,5 Kilogramm und bedarf eines stabilen Unterbaus. Dieses Instrument wird vor allem in der Astronomie wegen seines großen Lichtsammelvermögens geschätzt.

Fernglas gebraucht kaufen?

Auf unserer Website photoinfos.com gehen wir häufig auf gebrauchte Geräte ein und nennen dafür Preiskorridore, die uns angemessen erscheinen.


Bei Ferngläsern ist das nicht so einfach, weil die Vorstellungen der Verkäufer von den ursprünglichen Preisen einst hochwertiger Ferngläser geleitet wird. Doch ein 30 Jahre altes Zeiss Fernglas ist einem ordentlich produzierten Fernglas fernöstlicher Herkunft mit ED Objektiven unterlegen.
Aus unserer Sicht sollte ein gebrauchtes, gut erhaltenes klassisches Fernglas mit Objektiven bis 50 mm Durchmesser nicht mehr als 100 € kosten. Steht keine Top Marke wie Leica oder Zeiss darauf, darf man den Preis halbieren. Mit dieser Bewertung sind viele Verkäufer sicherlich nicht einverstanden, aber für knapp 200 € sind moderne Ferngläser 8x32 oder  8x42 im Handel, die besser sind.


Alternativ gibt es Spektive, die deutlich stärker vergrößern als die üblichen Feldstecher.

Voyager II Maksutov. öffnung 70mm / 860mm Brennweite. Das kleine Gerät vergrößert stark: 38-114x. 45° Einblick
Das Spektiv gehört auf ein Stativ gehört, während das Fernglas in der Hand gehalten wird.

Fazit

Das 8x32 Fernglas dürfte für die meisten Menschen ein idealer Kompromiss sein. Es ist noch leicht, aber schon lichtstark genug, um in praktisch allen Lichtsituationen, in denen die betreffenden Personen überhaupt zum Fernglas greifen, gute Dienste zu leisten. Schließlich hockt nicht jeder in der Morgendämmerung auf einem Hochsitz, um im Unterholz am Feldrand nach Wild zu spähen. Dafür wäre ein Fernglas mit 50-60 mm Objektiven die bessere Wahl. Aber sicherlich nicht zum Wandern.



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