Wemacro automatic focus stacking rail
Motorisierter Einstellschlitten für Aufnahmeserien zum Focus Stacking2019 © Thomas Gade
Pentax K-3 mit Mitutoyo M Plan Apo 5x am speziellem Tubus mit integrierter Tubuslinse auf einem Wemacro Einstellschlitten.
Dies ist spezielle Technik für die Makro- und Mikrofotografie mit erweiterter Schärfentiefe durch Focus Stacking. Der motorisierte Einstellschlitten mit Steuergerät automatisiert das Erstellen einer umfangreichen Aufnahmeserie. Die Optik kann aus der gewöhnlichen Fototasche stammen oder vom Mikroskop und aus anderen Bereichen.
Preiswerter Einstellschlitten mit Schrittmotor
Der motorisierte Einstellschlitten vom chinesischen Hersteller Wemacro ist einfach und solide gebaut. Er hat einen Verstellweg von 100 mm und kann mithilfe von Computern und Smartphones gesteuert werden. Zum Lieferumfang gehören neben dem Schlitten ein Netzteil, ein Batteriefach für den mobilen Einsatz, ein Controller und die dazugehörige Kabelverbindung sowie ein Kabel zum Auslösen der Kamera.Das Set kostet 259 $ (Januar 2020) zuzüglich Versandkosten und gegebenenfalls auch zu entrichtenden Einfuhrzöllen. Die Einfuhrumsatzsteuer beträgt 19 % auf den Kaufpreis und die Versandkosten. Je nach Einstufung in eine Warengruppe kann noch ein zusätzlicher Zollsatz berechnet werden, der sich zwischen 0 und 17 % bewegt. In einer Beispielliste vom Zoll für Warenarten konnte ich keine passende finden. Zur Orientierung: Auf analoge Fotoapparate entfällt ein Zollsatz in Höhe von 4,2 %, auf digitale Fotoapparate 0 % und auf Objektive 6,7%. Der Endpreis dürfte zwischen 300 und 350 € liegen.
Das ist preiswert. Ein vergleichbares Set von Cognisys kostet etwa 700 € und Novoflex berechnet knapp 1800 € für den Novoflex Castel Micro. Der Makroschlitten von Wemacro ist genauso gut wie die teuren Produkte.
Canon RP mit Canon EF 100mm/2.8 L Makroobjektiv auf dem Wemacro Einstellschlitten
Technische Daten
Hersteller | WeMacro |
Bezeichnung | WeMacro automatic focus stacking rail |
Preis | ca. 300 € inkl. Versand (ev. bis 350 € durch Zölle und Einfuhrsteuer) |
Verstellweg | 100 mm |
Gewicht | 1,29 kg - nur der Schlitten! |
Kameranschluss | Arca Swiss Klemme |
Stativanschluss | Arca Swiss Profil |
Lieferumfang: Einstellschlitten, Netzteil, Controller mit Kabel und Kabel zum Auslösen der Kamera. Den einfachen Batteriehalter führen wir nicht auf, weil eine gute Powerbank mit 12 DC Anschluss die weitaus bessere Lösung ist.
Die Vielfalt der Teile wirkt etwas chaotisch, aber bei richtiger Organisation behält man in der Praxis den Überblick. Man darf allerdings nicht vergessen, dass zusätzliche auch noch die Kamera, die Optik mit eventuell einem Balgengerät, Beleuchtung und Halterung für kleine Motive hinzukommen. Es ist daher ratsam, sich einen guten Arbeitsplatz mit geschickter Unterbringung der Kabel und Teile aufzubauen.
Wemacro Focusing Rail mit Pentax K-70, Balgengerät und Rodenstock Objektiv zum Fotografieren einer Blüte. Der Aufnahmetisch ist durch zwei Leisten etwas erhöht, um unter der Tischplatte Platz für Kabel und den Controller zu schaffen.
Befestigung der Kamera
Auf dem Schlitten befindet sich eine etwas erhöhte Grundplatte mit mehreren Löchern zum Anschreiben einer Kamera oder eines Wechseladaptersystems. Üblicherweise verschraubt man darauf eine ArcaSwiss Klemme. Im Lieferumfang war sogar eine vorhanden, die ich jedoch gegen eine längere austauschte. Dazu musste ich zwei Löcher mithilfe der Bohrmaschine etwas erweitern.Auf einigen Fotos in diesem Artikel sieht man ein Balgengerät, das direkt an die Grundplatte geschraubt wurde. Das geschah, um eine mögliche Instabilität durch das Schnellwechselsystem zu vermeiden und den Schwerpunkt nicht zu sehr zu erhöhen. Wirklich nötig war das nicht, weil die dargestellte Traglast nicht so schwer ist.
Beim zeitgemäßen Focus Stacking entfällt zudem die DSLR mit Schwingspiegel immer mehr und wird durch leichte spiegellose Kameras ersetzt, die keine Mechanik mehr aufweisen, welche durch umfangreiche Belichtungsreihen übermäßig belastet wird.
Schrauben Sie eine gute Schnellkupplung für das Arca Swiss Format auf die Grundplatte und alles ist gut. Um ein Verdrehen im Einsatz zu vermeiden, gibt man vor dem Anziehen der Schrauben einige Tropfen Haushaltskleber zwischen die Grundplatte und Schnellkupplung. Der Klebstoff sollte aber nicht so stark sein, dass man die Schnellkupplung nach dem Lösen der Schrauben nicht wieder abbekommt. Empfehlenswert ist die Mengs CL-90N mit relativ breiter Klemmung. Sie kostet knapp 20 Euro.
Der Arbeitsplatz ist durch viele auf engem Raum gestellte Teile chaotisch. Blitzgeräte gewährleisten kurze Belichtungszeiten, die Unschärfe durch Erschütterungen verringern. Alternativ oder zusätzlich kann man LED-Lampen einsetzen. Es gibt preiswerte Modelle mit Schwanenhals und kleinem Kopf bei Ikea, die an ihren biegsamen Halterungen dicht an die kleinen Motive herangeschwenkt werden können.
Steuerung mit Smartphone oder Computer
Smartphone als Fernbedienung. Die nötige App ist bei Google Play kostenlos zu haben. Der Verbindungsaufbau geht zügig. Erfreulicherweise schließt sich die geöffnete App auch bei längerer Wartezeit nicht. Empfehlenswert ist die Verwendung eines älteren Smartphones speziell für die Aufgabe. iOS und Android werden unterstützt.
Der Controller kann mit einem Computer verbunden werden. Die Software gibt es auf der Download-Seite von Wemacro heruntergeladen werden. Dort ist auch eine deutsche Anleitung zu finden.
Die Steuerung per Computer ist in Ordnung und unterscheidet sich im Programm nicht sehr von der Smartphone App. Jedoch stört der Computer am vollgestellten Arbeitsplatz und ist auch keine Option im Outdoor-Einsatz. Die Bedienung mit dem Smartphone ist komfortabler und ebenso zuverlässig.
Die App ist auch nicht kompliziert. Man kann ihre Anwendung durch wenige Versuche innerhalb einer halben Stunde erlernen. Feinheiten, wie die richtigen Schrittweiten und Anzahl der nötigen Bilder, erschließt man sich durch die Praxis.
Die Wemacro Rail im mobilen Einsatz
Mobiler Einsatz mit kleinem, stabilen Stativ und grosser Powerbank. Wemacro Rail auf Sirui VH-10 Fluid-Videoneiger. An der Pentax DSLR befindet sich eine Makroschnecke mit einem Rodenstock Rodagon Apo 80mm Objektiv.
Die XTPower / Powerbank MP-50000 DC/USB bietet reichlich Strom im Akku. Die WeMacro Rail wird mittels Smartphone bedient. Diese Anordnung ist bereits mobil, aber durch die am Boden herumliegenden Teile noch nicht optimal. Außerdem ist es in dieser Anordnung nicht so leicht, den Standort zu wechseln.
Zur Verbesserung baute ich ein weiteres niedriges Stativ. Es kam auch eine kleinere und leichtere Powerbank zum Einsatz. Sämtliche Teile konnten nun am Stativ befestigt werden, sodass eine Veränderung des Standortes leichter wurde und außerdem keine elektronischen Teile mehr am Boden lagen. Schließlich war der im Freien nicht immer sauber oder trocken. Dafür verwendete ich die Basis eines anderen Stativs und ersetzte dessen Beine durch sehr kurze, selbst gebastelte Holzbeine mit hoher Verstellbarkeit, um auch sehr nahe am Boden arbeiten zu können.
Aus Holz wurden Halterungen für den Controller und die 20.000 mA Powerbank von XTPower hergestellt.
Mit einem Gummiband und Klettverschluss ist eine sichere Befestigung möglich. Die Powerbank hat unter anderem einen 12 V Ausgang für den Controller. Insgesamt ist das eine exzellente Lösung für den Einsatz des Wemacro Stacking Schlittens. Das Stativ ist im Verhältnis zur Traglast super stabil und nahezu perfekt. Mit etwas handwerklichem Geschick dürfte ein Nachbau wohl niemanden überfordern.
Dieses Bild zeigt die extreme Verstellbarkeit des Stativs, allerdings ohne den Wemacro Stacking Schlitten, der jedoch auch so darauf eingesetzt werden kann. Es sind noch ganz andere Verrenkungen möglich, die den Einsatz ganz in Bodennähe ermöglichen. Dieses kleine und stabile Stativ ist übrigens auch gut für andere Aufnahmen zu verwenden, beispielsweise mit einem kleinen Astrotracker für die nächtliche Sternenfotografie. Das niedrige Stativ kann dafür auf einen Tisch, eine Mauer, ein Autodach oder einen Felsbrocken gestellt werden.
Bedeutung von motorisierten Einstellschlitten in der Makro- und Mikrofotografie
Immer mehr digitale Kameras bieten Focus Stacking und/oder Focus Bracketing. Solche Kameras erstellen selber Aufnahmeserien mit von Bild zu Bild fortlaufend leicht veränderter Schärfeeinstellung, um von vorne bis hinten alle Bildelemente auf einzelnen oder wenigen Bildern im Fotostapel abzubilden. Entweder kann die Kamera selber den Aufnahmestapel zu einem Bild mit stark erweiterter Schärfentiefe verrechnen (Focus Stacking) oder liefert lediglich die Bilder (Focus Bracketing), die extern am Computer mit einem entsprechenden Programm gestackt werden.Besonders moderne Systemkameras mit MFT-Sensoren sind diesbezüglich besonders leistungsfähig. Das funktioniert allerdings nur mit kompatiblen Objektiven, die zu den üblichen Brennweiten der betreffenden Marke gehören und auch zu ihren neueren Makroobjektiven. Hat man die notwendigen Teile, kann man so bis zum Abbildungsmaßstab 1:1 die Focus-Stacking Möglichkeiten der Kameras nutzen. Sie sind aber nicht am Balgengerät oder mit speziellen Objekten aus der Mikroskop-Technik kompatibel.
Ob man einen separaten Einstellschlitten sinnvoll verwenden kann, hängt also von der eigenen Fotoausrüstung ab und wie stark man kleine Details vergrößern möchte.
Die frühmorgens vom Tau überzogene Libelle am Schilfhalm lässt sich besser oder überhaupt nur mit einer zum Focus-Stacking-fähigen Kamera fotografieren, die idealerweise dabei sogar eine freihändige Bedienung erlaubt.
Der Wemacro Einstellschlitten wäre dabei kaum zu gebrauchen, es sei denn, man hat alle nötigen Elemente an ein Stativ montiert, das draußen in freier Natur eine gute Positionierung zum Motiv ermöglicht und auch die nötige Zeit für den aufwändigeren Vorgang.
Möchte man spezielle Lupenobjektive, alte Vergrößerungs- und Reproobjektive sowie Optiken in Retrostellung und Objektive von Mikroskop für die Mikrofotografie einsetzen, ist der motorisierte Einstellschlitten eine sehr gute Basis.
In der Mikrofotografie werden aus verschiedenen Gründen die hohen Auflösungen moderner Sensoren oft gar nicht erschöpfend genutzt. Die ausgemusterte ältere Systemkamera mit 12 bis 16 Megapixeln kann deswegen beim Focus-Stacking, für umfangreiche Aufnahmeserien, noch sinnvoll eingesetzt werden, die man aus Sorge vor vorschnellem Verschleiß dem teuren aktuellen Modell nicht unbedingt zumuten möchte.
© Thomas Gade
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