Noblex NS 8-24x50 ED
Mini Spektiv / Spotting Scope - Review
2020 © Thomas GadeNoblex NS 8-24x50 ED. Winziges Spielzeug oder ernstzunehmendes Beobachtungsinstrument?
Das Noblex NS 8-24x50 ED ist winzig. Üblicherweise werden Spektive eingesetzt, wenn die kompakten, in der Hand gehaltenen, binokularen Ferngläser nicht mehr ausreichen. Für Wanderungen an sonnigen Tagen sind kleine 8x21 Ferngläser beliebt, mehr Leistung bieten hochwertige 8x32 oder 8x42 (auch 10x) Ferngläser und 7x50 bietet auch der Dämmerung noch eine hohe Lichtstärke.
Mit Spektiven wird nahezu ausschließlich einäugig beobachtet, also monokular. Sie bieten höhere Vergrößerungen zwischen etwa 20 bis 60x und haben größere Öffnungen als die üblichen Ferngläser. Um sie zu benutzen, ist ein Stativ oder wenigstens eine Auflage nötig. Sonst würde das Bild gnadenlos verwackeln.
Noblex NS 8-24x50 ED Minispektiv in Neoprenhülle, die zum Lieferumfang gehört.
Mini-Spektiv
Ein Mini-Spektiv mit relativ geringer Vergrößerung bewegt sich außerhalb dieses Einteilung. Das Noblex NS 8-24x50 ED hat mit 50 mm die Öffnung eines größeren, aber immer noch normalen Fernglases und passt auch mit seinen unteren Vergrößerungen eher in diese Kategorie. Seine Bauweise entspricht aber einem Spektiv. Macht das Sinn?
Größenvergleich: Kowa Prominar TSN-883 (88/500 mm Objektiv) neben dem Noblex NS 8-24x50 ED (50/166 mm Objektiv)
Fernglas in der Hand oder Spektiv auf einem Stativ
In manchen Anwendungsbereichen ist die Art und Weise, wie Spektive gewöhnlich benutzt werden, dem normalen Fernglasgebrauch vorzuziehen. Ein Spektiv auf einem Stativ erleichtert es, anderen Dinge zu zeigen, die sie gar nicht finden, wenn man ihnen ein Fernglas überreicht und anschließend durch Zeigen mit der Hand vermitteln möchte, worauf sie es richten sollen. Oft ist die Mühe vergeblich. Versuchen Sie mal einem Laien mit einem Fernglas in der Hand zu erklären, wie er damit den Andromedanebel am Nachthimmel findet oder eine Eule in der Nische einer Felswand. Wenn mehrere Beobachter abwechselnd ein Instrument nutzen oder man immer wieder dasselbe Objekt betrachtet, ist das Spektiv auf einem Stativ eindeutig im Vorteil.
Noblex NS 8-24x50 ED. Bei Vergrößerungen bis etwa 12x kann man noch einigermaßen gut mit dem kleinen Spektiv in der freien Hand beobachten. Für höhere Vergrößerungen sollte allerdings ein Stativ verwendet werden.
Mit dem nötigen Zubehör sind auch viele Ferngläser auf Stative zu montieren. Doch meistens hat man solche Anschlüsse nicht dabei oder die Bauweise des Fernglases steht der Anbringung entgegen. Darüber hinaus ist der gerade Einblick beim Fernglas auf dem Stativ nur angenehm, wenn die Höhe für jeden Benutzer so eingestellt werden kann, dass man leicht hineinblicken kann. Blickt man vom Tal zu Berge oder zum Storch auf einem höher gelegenen Horst oder zum Nachthimmel empor, benötigen erwachsene Menschen schon recht hohe Stative, die wiederum nicht zur bequemen Mobilität passen. Ein Spektiv mit schrägem Einblick stellt dann geringere Anforderungen an das Stativ und schont den Nacken.
Sportschützen, die ihre Ergebnisse auf der Zielscheibe sehen möchten, ist mehr mit einem fest darauf eingestellten Spektiv auf einem Stativ gedient, als mit einem Fernglas, mit dem sie immer wieder erst anvisiert werden muss.
Wenn leicht und klein wichtig sind
Das kleine Spektiv passt noch in die Fototasche.
Das Mini-Spektiv ist sinnvoll, wenn leichtes und kleines Gepäck wichtig ist. Mein altbewährtes 10 × 50 Fernglas wiegt 952 g, während das kleine monokulare Noblex NS 8-24x50 ED nur 505 g auf die Waage bringt. Das edle Spektiv KOWA Prominar TSN-883 wiegt mit dem Zoomokular 11WZ knapp 2 kg. Mit nur einem halben kg Gewicht ist das kompakte und stativtaugliche Spektiv von Noblex unterwegs eine geringere Last und passt mit der Kamera in eine Fototasche.
Technische Daten
Marke | Noblex |
Bezeichnung | Noblex NS 8-24x50 ED |
Objektiv | 50mm ED Objektiv |
Öffnung | 50 mm |
Brennweite | 168 mm |
Fokussierbereich | 5m bis Unendlich |
Fokussierer | großer Ring |
Einblick | Schrägeinblick |
Okular | Zoomokular 8-24x |
Gewicht | 505 g |
Preis (Augst 2020) | UVP: 349,- € / im Verkauf ab 229 (Jagdwelt24.de), üblich ca. 299 € |
Garantie | 5 Jahre |
Scharfstellen und Zoomokular
Links: Am Tubus gibt es einen breiten mit Gummi ummantelten Scharfstellring. Er ist gut zu greifen, aber schwergängig.
Rechts: Das Zoomobjektiv bietet eine Vergrößerung von 8-24x. Die Augenmuschel kann etwas herausgedreht werden.
Laut Bedienungsanleitung kann das Okular ausgetauscht werden. Es liegen sogar Kappen für die Unterseite des Okulars und für den M36/0.75 Anschluss am Spektiv bei. Im Astrohandel gibt es Adapter für Okulare mit der weitverbreiteten 1,25“ Steckhülse. Es gelang mir allerdings nicht, das Zoomokular vom Noblex Mini-Spektiv abzuschrauben, um es auszuprobieren.
Auf Nachfrage erfuhr ich, dass die ursprüngliche Absicht, das Okular wechseln zu können, nicht beibehalten wurde, weil einige Grad mehr Seefeld durch Okulare mit fester Brennweite mit unschärfer werdenden Bildrändern erkauft wurden. Noblex hielt das für sinnlos und entschied deshalb, das Okular zu verkleben, um es vor versehentlichem Herausschrauben zu schützen. Hier ist eine Änderung der Bedienungsanleitung fällig, um Mißverständnisse zu vermeiden.
Zielfernrohr für die Astrofotografie
Fotos von der Milchstraße über nächtlichen Landschaften sind im Trend. Viel mehr als eine moderne digitale Systemkamera mit üblichen Objektiven, ein Stativ und eventuell ein kleines Nachführgerät braucht man dazu nicht. Erfahrene Fotografen wagen sich aber auch mit längeren Brennweiten (bis ca. 200 mm kleinbildäquivalent) an kleinere Himmelsausschnitte, um Galaxien aufzunehmen oder temporäre Erscheinungen, wie Kometen. Ein teures und kompliziertes astronomisches Teleskop ist dafür vielfach unnötig.Allerdings gibt es ein Problem. Soll die Kamera mit etwas längerer Brennweite auf lichtschwache Objekte gerichtet werden, ist das schon deshalb nicht einfach, weil sie mit bloßem Auge kaum oder gar nicht zu sehen sind und auch die Kameratechnik sie nicht zeigt.
Als Hilfsmittel kann ein kleines Fernrohr mit relativ niedriger Vergrößerung zum Einstellen des Stativs verwendet werden, das zunächst anstelle der Kamera darauf angebracht wird. Nach dem Ausrichten auf den gewünschten Himmelsausschnitt wird das Fernrohr durch die Kamera ersetzt.
Das kleine Spektiv wird zum Ausrichten eines Stativs auf einen bestimmten Himmelsausschnitt verwendet. Der mittelgroße Videokopf Sirui VH-10 Fluid wirkt nahezu monströs unter dem Winzling.
Danach wird das Spektiv durch eine Kamera ersetzt. Die hier dargestellte Pentax K3-II (DSLR) enthält eine intergrierte Startracker-Funktion (Astrotracer), so dass keine zusätzliche Nachführeinrichtung für längere Belichtungszeiten erforderlich ist.
Üblicherweise werden Kameras heute über eine kleine Wechselplatte mit dem sog. Arca Swiss Profil am Stativkopf befestigt. Solche Wechselplatten sind spottbillig. Befinden sich sowohl an der Kamera als auch am Fernrohr jeweil eine Arca-Swiss-Schiene, ist der Wechsel auf dem Stativkopf sehr einfach. Er sollte allerdings die nötige Robustheit aufweisen, um sich beim Wechsel nicht zu verstellen.
Im Handel für Astronomie gibt es kleine Sucherfernrohre, die an Teleskope montiert werden. Jedoch zeigen sie seitenverkehrtes, auf dem Kopf stehendes Bild und haben auch keine normalen Stativanschlüsse. Insgesamt ist das nicht attraktiv für reisefreudige Naturbeobachter, die das mitgeführte Fernrohr sicherlich auch für andere Zwecke verwenden möchten.
Mini-Spektive mit schrägem Einblick und niedriger Anfangsvergrößerung, wie das Noblex NS 8-24x50 ED, sind dafür geeignet. Neben ihrer Unterstützung der Astrofotografie bieten sie den Vorteil, auch als kleine und leichte Beobachtungsinstrumente für andere Objekte eingesetzt werden zu können. Darüber hinaus lassen sie sich auch in Kombination mit vielen Smartphones als starker Tele-Vorsätze zum Digiscoping einsetzen.
Optische Qualität
Das Objektiv des Noblex 8-24x50 ED hat eine Öffnung von 50 mm und eine Brennweite von 168 mm. Das Öffnungsverhältnis von 1 : 3,36 erlaubt eine besonders kurze Baulänge des Spektivs. Allerdings ist dieses Öffnungsverhältnis nicht so ideal für starke Vergrößerungen, weil die Unterdrückung von Farbsäumen und Kompensierung der negativen Effekte aus der Bildfeldwölbung schwieriger ist als bsp. mit 1:5,6. Durch den verhältnismäßig niedrigen Zoombereich von 8-24x ist das jedoch unproblematisch.Der sichtbare Bildkreis ist im Zoomokular bei 8x relativ klein. Sein Durchmesser vergrößert sich kontinuierlich beim Steigern der Vergrößerung. Bis etwa 20x ist die Bildqualität erstaunlich gut. Danach lässt sie etwas nach, vor allem wird das Einblick dann schwieriger, weil das Auge sehr genau an die richtigen Position sein muss. Das Nachlassen der Abbildungsqualität bei den stärksten Vergrößerungen durch Zoomen ist aber auch bei hochwertigen Spektiven normal.
Der Durchmesser des runden Bildes ist bei niedriger Vergrößerung relativ klein und nimmt mit zunehmender Vergrößerung kontinuierlich zu. (Dargestellt mithilfe eines Smartphones am Okular.)
Die Bildqualität bei Naturbeobachtungen ist an sonnigen Tagen sehr gut. Bei wenig Licht und dem Wunsch nach höheren Vergrößerungen leistet jedes gute Spektiv mit größerem (ab 70mm) ED-Objektiv allerdings mehr.
Beim Beobachten astronomischer Objekte werden lichtschwache und mittelhelle Sterne punktförmig abgebildet. Die hellen Sterne oder helle Planeten wie Jupiter, Saturn und Venus haben jedoch eine Art strahlenförmiges Halo um sich. Der Mond lässt sich gut beobachten. Für die optimale Bildqualität ist ein korrekter Einblick wichtig.
Digiscoping
Beim Digiscoping wird ein Spektiv als Televorsatz für Kameras verwendet. Viele Smartphones sind sehr gut dafür geeignet. Ihre Kameraobjektive müssen (so wie das menschliche Auge) in das Okular blicken, um das Bild anzuzeigen oder aufzunehmen. Und genau so, wie das menschliche Auge den richtigen Abstand und die richtige Position zum Okulare finden muss, um mit bester Bildqualität sehen zu können, muss auch die Kamera des Smartphones richtig positioniert werden. Das ist nicht einfach und viele preiswerte Smartphone Adapter sind in der Praxis fummelige und nicht gerade erfreuliche Konstrukte, weshalb ich stattdessen meistens den Bau eines eigenen, genau passenden Adapters empfehle.Noblex NS 8-24x50 ED Mini-Spektiv als Tele-Vorsatz für Smartphones neben einem 10x50 Feldstecher
Die Eignung des Noblex NS 8-24x50 ED zum Digiscoping probierte ich mit dem Smartphone Samsung S7 aus, das noch mir einem Objektiv für die Hauptkamera auskommt. Für das Samsung S7 hattee ich mehrere Adapter aus Aluhüllen mit ebener Rückseite für solche Tests angefertigt und somit griffbereit. Zufällig passte der Adapter mit einem Pentax K Bajonet stramm auf das Okular ohne den Gummirand zu beschädigen.
Der folgende Test wurde mit einem Samsung S7 am Mini-Spektiv von Noblex durchgeführt. Von meinem Balkon sind in etwa 800 m Entfernung auf einem Hausdach zwei Fahnenmeisten und ein kugelförmig überdachter Raum zu erkennen.
Samsung S7 ohne Zoom. Blick die Straße hinunter zu einem 800 m entfernten Hausdach.
Samsung S7 mit 8x Zoom. Mein Testmotiv, ein Dach mit zwei Fahnenmasten und einer kupelförmigen Erhebung ist im unscharfen Bild zu erkennen. Der digitale Zoom erlaubt nur eine weiche, unscharfe Abbildung.
Samsung S7 mit 1x Zoom (also nicht gezoomt) am Noblex NS 8-24x50 mm Spektiv, dessen Okular auf 16x eingestellt ist.
Mit 2x Zoom am Samsung S7 wird aus dem kreisrunden Bild ein rechteckiger Ausschnitt aufgenommen, der das gesamte Bild füllt. Im Vergleich zum internen 8x Zoom des Smartphones ist am Mini-Spektiv von Noblex eine starke Leistungssteigerung erkennbar.
Ausschnitt aus dem Bild. Das Flimmern der Luft beeinträchtigt die Detaildarstellung. Es gibt Farbsäume an Kanten, die mithilfe der digitalen Bildbearbeitung reduzierbar sind.
Die Einstellung 16x am Zoomokular ermöglichte mit einem 2x Zoom am Samsung S7 einen formatfüllenden Ausschnitt. Bei geringerer Vergrößerung verkleinerte sich der Bildkreis, sodass mit dem Smartphone stärker gezoomt werden musste. Zwischen 16x und 20x verringert sich die Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung. Über 20x war eine Positionierung des Smartphones in der erforderlichen Präzision für akzeptable Bilder nicht mehr möglich. 16x erwies sich als ideale Einstellung.
22. 8. 2020. Mond fotografiert mit einem Samsung S7 am Noblex NS 8-24x50 ED. Ausschnitt aus dem Bild
Verbesserungsvorschläge
1. Filtergewinde am Objektiv für Polfilter oder eine längere optionale Streulichtblende.2. Besserer Objektivdeckel mit sicherer Klemmung am Filtergewinde
3. T-2 Gewinde am Okular unter der Augenmuschel für Digiscoping
4. Leichter gängigere Fokussierung
Fazit
Waren Sie schon einmal mit einem ausgewachsenen Spektiv von Zeiss, Kowa oder Swarovski mit einem ausreichend dimensionierten Stativ unterwegs? Auf matschigen Wegen zum entlegenen Aussichtsturm kommt man gar nicht umhin, an den hohen Anschaffungspreis von einigen 1000 € einer solchen Ausrüstung zu denken, weil man leicht ausrutschen kann und dabei möglicherweise beträchtlicher Schaden entsteht.Wenn die Lichtverhältnisse auch für Beobachtungen mit kleineren Instrumenten ausreichen, ist ein Mini-Spektiv mit einem leichten Stativ oder einem minimalistischen Klemmstativ, das an der Brüstung eines Aussichtsturm zu befestigen ist, für Wanderungen auf unsicheren Wegen oft besser geeignet.
In der umgehängten, gepolsterten Fototasche überlebt das kleine Stativ einen Sturz eher, als das am geschulterten Stativ befestigte große Spektiv. Zwar leistet das ausgewachsene Spektiv mehr, aber das wesentlich kleinere und leichtere ist einfacher mitzunehmen und wird deshalb ev. häufiger benutzt. Es ist also auch eine lohnende Anschaffung für Nutzer von größeren Spektiven, die man aufgrund ihres hohen Wertes, Gewichts und Größe nicht immer mitnehmen möchte.
Das Noblex NS 8-24x50 ED kann Bedenken über seine Sinnhaftigkeit rasch beseitigen. Es ist ein kleines, reisetaugliches Spektiv, das durch seine Kompaktheit, sein geringes Gewicht und seine unkomplizierte Bedienung nur eine geringfügige Belastung darstellt und auch wegen seiner guten Optik Spaß macht.
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